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Samstag, 22. September 2012

Donnafugata

Der Langkofel am Sellajoch im Heryen der Dolomiten (Tobias Wolf)


Donnafugata
Die Geschichte des Wochenendes trägt dieses mal den Namen einer Frau, welche vor mehr als 100 Jahren mit ihren Liebhaber durchgebrannt ist. Donnafugata war einst die Prinzessin von Palermo und sowohl eine Festung als auch ein Wein ist nach ihr benannt wurden. Diese Wand die den Namen Donnafugata trägt ist zwar stellenweise im fortgeschrittenen Zerfall aber bei Ihrem Alter kann man ihr das auch nicht verübeln es war nur für mich etwas gewöhnungsbedürftig.


Paul Sass in der 3.Sl von Donnafugata (Tobias Wolf)
Wie immer fängt alles bei einem guten Wetterbericht an. Bei der Suche nach einem Ziel war es mal nicht die Schweiz die das Rennen machte. Entgegen meiner Vorliebe für glatte Platten waren die Dolomiten mit dem Torre Triest in der Civetta das Ziel. Der markante Turm mit seiner etwa 750m hohen Wand war schon deswegen attraktiver als das Scheideggwetterhorn, weil sie sehr steil war und kaum von Bändern unterbrochen wurde. Bisher gab es erst 3 freie Begehungen und keine davon kam mit nur einem einzelnen Tag bzw ohne Stirnlampe aus. Deshalb planten wir ein Biwak und nahmen den großen Haulbag mit. Das machte die Route realistischer für ein Wochenende im September wo man nicht einmal auf 13h Tageslicht kommt.
 
Seillängen zu flach zum haulen waren, war es eine wahre Freude für meine Waden mit Haulbag zu Klettern. Dies lag zum einen am Biwakzeug, dem Kocher, den  7,5l Wasser aber vor allem an Pauls 3kg schweren steigeisenfeste Bergschuhe die für den Abstieg vorgesehen waren. Nach dem  Kletterführer nämlich war der Abstieg " der schwerste der ganzen Civetta". Ich hatte schon immer einen Hang zum extremen aber im Abstieg war das selbst für mich  etwas Neues. Also nahm Paul feste Schuhe für den Abstieg und ich ein paar richtig enge Kletterschuhe für die Schlüsselseillänge (15.Sl). So ging es mehr oder weniger gut gerüstet in die sonnige Südwand. Das einzige was uns fehlte war ein Topo denn wir hatten nur ein Bild mit einer mäandernden Linie durch die Wand. Ergänzt durch eine Auflistung der einzelnen Seillängen war es ok aber nicht optimal. Diese Informationen stammen von der ersten freien Begehung durch Bubo Bole der nach 3 Tagen ausbouldern in 13h die Wand durchstieg. Eine Bemerkung in seinen Bericht wußten wir nicht ganz zu deuten. Es war die Stelle, wo er junge starke Kletterer warnt das man für Donnafugata "ein Gefühl für brüchigen Fels benötigt welches man erst in vielen Jahren des Kletterns erwirbt. Wir vermuteten, dass es sich um die ersten 4Sl handelt aber der Fels war sehr gut in diesem Bereich. Was folgte war ein gelber Wandbereich mit dem besagten fortgeschrittenen Zerfall. Was viele der Griffe noch an der Wand hielt war zum Teil fraglich und das für die nächsten 6 Seillängen.



Paul Sass in der 7.Sl von Donnafugata (Tobias Wolf)
Tobias Wolf in der 6.Sl von Donnafugata (Paul Sass)

  Es war wirklich eine verkehrte Welt mehrere Quadratmeter große Platten waren total hohl und Rippen die komplett eingerissen an der Wand hingen waren fester als vermutet. So mußten wir unsere Einstellung etwas ändern, denn es ist nicht alles Bruch was wackelt oder was so aussieht. Wir wurden zusätzlich noch gebremst dadurch, dass wir es nicht gewöhnt waren die Griffstrukturen in der stark gegliederten Wand zu suchen. Das einzig Gute an diesem Wandbereich war die Steilheit.
Paul Sass in der 8.Sl von Donnafugata (Tobias Wolf)
Der Schatten des Tore Triest (Tobias Wolf)

 Der Haulbag hing mitten in der Luft und ging leicht zu ziehen. Wie der Fels flacher und grauer wurde nahm die Felsqualität wieder zu. Es war ein angenehmes steigen und die zunehmende Höhe machte Lust auf mehr. Die Sonne wärmte den Fels und die kalten Finger der Morgenstunden waren vergessen.











Paul Sass in Donnafugata (Tobias Wolf)

easy hauling (Paul Sass)


Gegen 16:30 Uhr kamen wir nach 14 Sl an den Biwakplatz welcher nur Liegefläche für einen bot jedoch durch eine überhängende Verschneidung vor Steinschlag schützte. Es stand nur noch eine Länge für heute an, die mit 8a bewertete Crux. Bei den vorrausgehenden Begehungen wurden zum Teil 2h zum ausbouldern dieser Länge benötigt und viele hielten den Durchstieg anfangs für unmöglich.

Tobias Wolf in der 12.Sl von Donnafugata (Paul Sass)
Selbst unser Haulbag genoss die Aussicht (Tobias Wolf)
 Zweifel kamen bei mir auf und diese wurden vom kalten Nebel der aufzog verstärkt. Zögernd stieg ich ein und der erste Teil ging gut. Nach einem Dach lief die stumpfe Verschneidung aus und man zog nach rechts auf die Kante. Dem glatten Fels fehlten die Tritte und die Reibung war so schlecht das man permanent wegrutschte, wenn man versuchte auf Reibung zu stehen. Dabei hatte man ein oder zwei flache Messerscharfe Tropflöcher als einzige Griffe. Nach einiger Zeit fand ich mit einer sehr ungewöhnlichen Variante und den viel zu engen Kletterschuhen eine Lösung. Na das war ja schon mal ein Anfang. Trotzdem war meine Stimmung und mein Optimismus durch den Nebel, die Kälte und den sehr schmerzhaften Griffe auf dem Tiefpunkt. Vielleicht lag es auch an den 9h Anreise am Vortag oder den 14Sl  die wir bereits hinter uns hatten. Genau weiß ich es nicht. Paul war jedenfalls noch gut drauf. Ich ruhte mich aus während Paul eine Einheit in der Cruxlänge nahm. Als Paul wieder unten war dämmerte es langsam und das eintönige grau wurde noch dunkler. Mir war kalt, Lust hatte ich keine mehr, doch ich mußte es zumindest versuchen. Also stieg ich ein. Schon lange vor der Crux waren die Finger taub doch ich machte weiter immerhin spürte ich dann die schmerzhaften Griffe nicht mehr. Wie ich in den einzelnen Tropflöchern hängen bzw. stehen blieb weiß ich nicht mehr. Ich spulte die Länge mit einer Routine ab mit welcher man früh aufsteht und sich anzieht. Am Stand holten mich die eiskalten Finger und die schmerzenden Füße zurück in die Realität. 

Das trübe Grau des Nebels wurde etwas durch Pauls und meine Freude sowie die Vorfreude auf den Feierabend erhellt. Das Seil wurde am Stand fixiert um am nächsten Morgen an dieser Stelle weiter zu machen. 
Tobias Wolf in der 15.Sl und Crux von Donnafugata (Paul Sass)

Am Biwakplatz wurde ich träge und Paul erst richtig aktiv. Er wühlte in der Erde und räumte riesige Steine zur Seite, um einen bequemen 2 Personen Schlafplatz zu schaffen. Dabei strotzte er nur so vor Motivation. Auf der einen Seite wußte ich wie wichtig diese halbe Stunde Arbeit ist, weil man sonst die ganze Nacht leidet. Dennoch fehlte mir der eigene Antrieb und mittlerweile war es dazu auch noch dunkel. Ich taute erst beim Abendessen, wohl eingepackt in aller warmen Klamotten, wieder auf und es wurde ein gemütlicher Abend. Schade war, dass wir leider keine Sterne sahen.

Paul erweitert den Biwakplatz zum Doppelbett(Tobias Wolf)

Der Biwakplatz als Doppelbett nach 1/2 Stunde graben. (Paul Sass)



Noch im dunklen klingelte der Wecker. Da es sehr kalt war wollte keiner von uns aus dem Schlafsack und so gab es Frühstück im Bett. Als es langsam dämmerte war der Nebel immer noch da. Durch das trübe Wetter hatten wir den Gipfel bereits am Vortag in „Tore Trist“ umbenannt, aber es half alles wir mußten weiter. 40m am Seil hochjümaren und dann ging es weiter. 
Tobias Wolf in der 15.Sl am Morgen beim Jümaren (Paul Sass)

Der Fels war kalt und zum Teil etwas brüchig. Nach 2 Sl kam nach unseren Informationen mit 7b die letzte schwere Länge. Doch da sollten wir uns irren. Die 7b ist ein sehr schöne Länge aber mit eiskalten Fingern konnte ich leider nicht auf Anhieb nachsteigen. Im zweiten Anlauf gelang es mir und zu unserer Freude verzogen sich die Wolken und wir kletterten in der Sonne. Etwas übermütig, da keine Längen schwerer als 6a folgten erlebten wir ein blaues Wunder. Paul hatte schlecht geschlafen und war nicht so gut drauf, aber so wie er in der angeblichen 5a Länge aussah war das nicht normal.
Tobias Wolf in der 18.Sl von Donnafugata (Paul Sass)
Er mahnte mich zur Vorsicht und machte einige unangenehme Schnapper um am Ende in einer Überhängenden Mulde 4m über dem Haken dynamisch in den Stütz zu kippen. Von unten sah das wie in einem schlechten Film aus, da ich nicht erkennen konnte ob er bei einem Sturz auf dem großen Absatz darunter landen würde. Nach diesem extrem unangenehmen Manöver, bei welchem er vor Erschöpfung schnaufte zitterte und stützte er sich zum Stand. Das die Bewertung hier eher 6c+ ist erfuhr ich im Nachstieg und fühlte mich selbst mit Seil von oben furchtbar. 5a ist halt auch nicht mehr das was es mal war. Ich war nun wieder an der Reihe und die nächste Länge sah eher wie 7? aus als die angegeben 6a. Ich kämpfte mich also hoch so gut es ging und neben den extrem weiten Zügen hielt ich mich an Geröll fest das schon lange nicht mehr an der Wand hängen sollte. Endlich in leichterem Gelände und 2 Längen später standen wir zufrieden auf dem Gipfel. Es war wirklich ein Gipfel der mit 20m mal 20m für seine majestätische Südwand recht klein ist. Wir genossen die Aussicht und Ich freute mich, dass wir uns entschieden hatten über die Route abzuseilen. Obwohl wir an 2 Stellen nicht sicher waren ob dies gut geht, war es mir viel lieber als der Abstieg über den Normalweg und ebenfalls 10-12 Abseilestellen.
Endlich oben auf dem Tore Triest
Das dies eine gute Entscheidung merkten wir bei den steilen Seillänge und nach 16 mal abseilen und ca 3h waren wir wieder am Einstieg unseres Abenteuers. Der Abstieg zum Auto war steiler als ich ihn in Erinnerung hatte und mir zitterten die Beine am Auto. Wahrscheinlich sind das die ersten Anzeichen das man langsam aber unaufhaltsam älter wird. Vielleicht muß ich mir im Alter doch noch einen anderen Sport suchen doch so lange wie ich noch freihändig laufen kann habe ich noch etwas Zeit bis dahin.





Die scharfen Tropflöcher am Ende der Cruxlänge (Paul Sass)
Überhängende Abseile (Paul Sass)


Topo Donnafugata von Tobias Wolf (Paul Sass)