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Samstag, 31. Januar 2015

El Chalten Teil 2

Der Tag war irgendwie verhunzt, erst haben wir den Einstieg verpaßt und ich mußte 1 h lang über dieses unangenehme Schneefeld spuren um dann auf der Gegenseite wieder abzuseilen und dann war unsere Route auch noch naß bzw vereist war." Eigentlich kann es nicht mehr viel schlimmer kommen ohne das sich einer von uns uns verletzt!" dachte ich noch so bei mir. Naja es gibt halt Tage da kommt alles auf einmal. Als ich nach 2 feuchtkalten Seillängen den kleinen Haulback hinterherziehen wolt gab es nur einen kleinen Ruck und dann flog der Haulbag durch die Luft und sauste den steilen Gletsch hinab außer Sichtweite. Greg wollte weiterklettern, aber für mich war die Sache klar, wir mussten Abseilen und retten was zu retten war.

Wie zuletzt beschrieben kam ich Vormittags bei gutem Wetter in El Chalten an und wollte nicht viel Zeit verschwenden. Noch auf dem Weg zu meiner Unterkunft lehrte ich ein amerikanisches Pärchen (Greg und Kate ) kennen welche für die nächsten zwei Wochen eine Unterkunft suchten und Greg jemanden zum Klettern. Das klang alles so verlockend, dass ich nicht nein sagen konnte denn somit hatten sich ja scheinbar gleich zwei Probleme auf einmal gelöst. Das mit dem Geld, da ich ihren Anteil der Miete bar bekomme würde und das mit dem Kletterpartner. Greg erzählte wie toll er klettern konnte und in der Euphorie des packens und des schönen Wetters vergaß ich meine Skepsis Amerikanern gegenüber. Das Wetter sollte noch bis zum morgigen Tag gut sein und das wollte ich gerne nutzen. Jetzt erwachte die Motivation welche während der letzten Wochen im Schneesturm eingefrohren war zu neuem Leben. Bis zu diesem Augenblick war mir allerdings noch nicht klar, dass man an den tollen Bergen in der Nähe von El Chalten nicht einfach so klettern gehen kann, weil die Zustiege fast einen Tag in Anspruch nehmen. Ich sollte erst später feststellen, dass man in diesem Teil von Patagonien das Gefühl hat einen Marathon zu laufen nur um einige hundert Meter Granit zu Klettern. Greg und ich suchten uns ein Ziel mit einem möglich kurzen Zustieg um am folgenden Tag noch etwas Klettern zu können. Als Ziel wählten wir die Westseite der Aguja Guillaumet welche nach einer 15 km Schotterstrasse welche man im Idealfall trampt nur noch 7h Zustieg hat. 1-2h vorher hat es einen beliebten Biwakplatz (Piedra del Negro) bis zu welchen wir heute noch laufen wollten. Wir mußten uns also beeilen um noch im letzten Tageslicht dort anzukommen. Da blieb keine Zeit mehr noch mal ein Route miteinander zu Klettern. Eigentlich hätte ich es besser wissen müssen aber naja. Der Zustieg passte zeitlich gerade noch so und ich war am Biwakplatz angekommen ganz schön hungrig und geschafft. Da bis vor kurzem noch nicht klar war wie ich das Essen für die nächsten Wochen bezahlen soll, hatte ich außer der 4 Scheiben Brot zum Frühstück nichts weiter gegessen. Die Nacht war kurz und für Patagonien sehr ungewöhnlich sogar windstill. Am Morgen ing es Zeitig aus den Federn. Da ich von oben bis unten mit Daunen bedeckt war, wurde ich daran erinnert, das ich ja die gerissene Naht meines Daunenschlafsacks noch reparieren mußte. Obwohl es die Nacht nicht sehr kalt war, waren doch alle Gletscher und Schneefelder überfrohren. An dieser Stelle war ich froh, entgegen den Empfehlungen anderer die steigeisenfesten Schuhe an zu haben. Greg hatte nur seine Zustiegsschuhe und ein paar Aluminiumsteigeisen was in der Kombination genauso gut auf dem gefrohrenem Schnee war. Wir kamen jedenfalls gur voran, bis wir zu ein paar 5er Reibungsplatten kamen welche wir für 300m queren mußten und welche unter uns steil in einen Gletscher abbrachen. Diese Platten waren stellenweise vereist, was aber durch fest installierte Fixseile sehr unproblematisch war. Mir viel das queren nicht gerade schwer, aber Greg konnte sich selbst mit einem straff gespannten Fixseil nur schwer auf seine Füße stellen. Ist schon irgendwie komisch wo doch gerade ein Kletterer besonders trittsicher sein sollte. Es folgte wieder ein Schneefeld auf welchem bisher keine Spur zum Einstieg führte. Ich dachte mir nichts dabei und so spurte ich halt die 900m steiles Schneefeld bis zu den Felsen. Das Problem bestand allerdings darin, das es Firn war und ich für jede Stufe 4-5 mal kräftig in den harten Schnee hacken mußte um eine halbwegs sichere Trittfläche zu schaffen. So dauerte dies eine geraume Zeit und als wir an den Felsen ankamen merkten wir, dass wir uns nur auf einem Felsgrat vor dem Einstieg befanden und wir schon deutlich oberhalb unseres Einstieges befanden. Da es bereits anderen vor uns so ergangen war, gab es schon eine Abseilstelle und wir seilten auf der Gegenseite wieder ab. Da war also die ganze Arbeit des spurens umsonst gewesen. Naja passiert halt wenn man sich vor Ort nicht auskennt. Also kamen wir irgendwann am Einstieg an und unsere sah Route feucht und kalt aus. Naja ich dachte mir das gleiche wie in Squamish " Wenn die Routen hier meist nass sind, dann muss man sich daran gewöhnen nasse Routen zu Klettern". Nach feuchtfröhligen 40m machte ich Stand und Greg stieg nach extrem ungelenk hinterher. Es war erneut komisch, dass er sich auf der Wand abmühte wo er doch einen perfekten Handriß vor sich hatte. Scheinbar mochte er keine Riße denn ich sollte auch die nächste Länge noch vorsteigen. Na das konnte ja was werden bei einer 450m Rißlinie dieselbigen nicht zu mögen könnte unangenehm für Greg werden. Doch so weit sollte es gar nicht erst kommen. Am nächsten Stand hängend wollte ich gerade den Haulbag hinterherziehen als es passierte. Das Seil spannte sich nur ganz kurz und der Haulbag flog die 100m bis auf den Gletscher. Nachdem er sich mehrfach überschlagen hatte schlitterte auf dem steilen Gletscher außer Sichtweiter. Zu blöd, das der Gletscher nach mehreren hundert Metern 500m senkrecht abbricht und alles was über diese Kante rutscht unweigerlich verloren ist.Greg wollte Weiterklettern aber für mich war das Klettern für heute erledigt das waren schon zu viel Pech für einen Tag und man soll sein Glück ja nicht zu weit ausreitzen. Immerhin habe ich gerade alle meine Klamotten verloren dazu mein Foto mit allen Bildern. Ich plädierte also für abseilen und bat Greg das Seil am Standplatz mit einem Sackstich zu sicherern was er mir auch bestätigte. Während ich abseilte fragte ich mich, wie das mit dem Sack passieren konnte und ich mußte nicht lange Knobeln. Als ich zum Stand abgeseilt war, sah ich wo das Problem lag. Mein Seil war nicht mit einem Sackstich gesichert sondern mit einem Schleifknoten und an der Stelle wo der Haulbag hängen sollte baumelte nur ein einfacher Knoten im Seil. Ab dieser Stelle wurde es mir mulmig. Wenn jemand den einfachsten Knoten nicht kann, auf was konnte man sich dann verlassen? Ich verträngte diesen Gedanken, konntrollierte aber alles was Greg machte den es definitiv kein Sprachbroblem. Nicht das jetzt beim Abseilen noch etwas passiert immerhin hatte Greg auch so schon ein großes Problem, denn seine Schuhe waren im Rucksack und mit Kletterschuhen 2h über den Gletscher zu Laufen ist kein Spaß. Glücklicherweise lag ein Schuh unweit des Einstieges auf einem Band weil dieser aus dem Rucksack geschleudert wurde. Ähnlich war es mit vielen anderen Sachen welche verstreut auf dem Gletscher lagen. Also war doch nicht alles verloren. Ich machte mich auf dem Abstieg und fing an die Löcher auf dem Gletscher abzusuchen um nicht den zweiten Schuh zu übersehen. Es war ein bisschen wie Ostern, denn hier lag ein Müsliriegel und dort ein Pulover. Als ich weiter abgestiegen war und um die Ecke schauen konnte, sah ich kurz vor dem Gletscherbruch etwas gelbes liegen. Scheinbar hatten wir doch noch nicht alles Glück aufgebraucht, denn ein kleiner Schneerutsch der Vortage etwa1m breit hatte den Schnee etwas aufgehäuft und den Haulbag gestoppt. Ich beeilte mich abzusteigen um zu schauen was noch vorhanden war. Nach einer kurzen Inventur war lediglich meine Trinkblase der Platypus hatte den Sturz nicht überlebt und lekte. Alles andere war vorhanden und intakt. Es hätte schlimmer kommen können, aber das mit dem Klettern hatte sich erst einmal erledigt das war mir nun nichts mehr. Wir stiegen noch am gleichen Tag ab und als Bilanz kann man wieder mal sagen, dass ich wieder mal 14h umsonst wandern war und das um 2 Seillängen zu Klettern. Zudem würde ich ab jetzt meine Partner noch vorsichtiger wählen. Das traurigste an der ganzen Sache ist, dass ich das schöne Wetter weiterhin dafür verschwenden muss einen Kletterpartner zu finden.
Leicht unterwegs sein ist hier. Mitte Links Gujamet und Mitte Rechts Mermoz.

Specht

Piedra del Negro

Poincenot und Fitz Roy von El Chalten

Condor

Verhauer im Zustieg

Querung zur Westseite der Guijamet.


Sonntag, 25. Januar 2015

El Chalten Teil 1



El Chalten von den naheliegenden Felsen aus gesehen. Rechts hinten sieht man den Fitz Roy.
Die Zeit mir Issy ging schneller zu Ende als gedacht. Eigentlich sollte Rüdiger ihn ablösen um dann mit mir nach El Chalten zu fahren aber daraus wurde leider aus gesundheitlichen Gründen nichts. Wie Hohn war das Wetter nicht nur gut sonder top und ich war ohne Partner. Bereits auf dem Weg nach El Calafate konnte man von weiten Fitz Roy und Cerro Torre sehen, was dahingehend bemerkenswert ist, das es schon viele Leute gab, die 3 Wochen in El Calafate direkt vor Ort waren und den Gipfel nie zu Gesicht bekammen. Nun sahen wir beide Gipfel aus 100 km Entfernung und ich fragte mich, ob ich das schöne Wetter überhaupt nutzen könnte ohne Partner oder wie ich schnell einen Partner finden würde. Die überlegung war noch nicht besonders weit gediehen als ein anderes Problem uns vollkommen einnahm. Issy wae ja noch win paar Stunden da und wollte noch Souveniers kaufen und ich dafür etwas Geld abheben. Was sonst die normalste Sache der Welt ist, wurde zum Ding der unmöglichkeit. Keiner der 5 Geldautomaten im Ort spuckte Geld aus und meine Visa Karte wurde gab immer eine Fehlermeldung aus, wenn ich damit bezahlen wollte. Was also machen damit ich die nächsten 4 Wochen zurecht komme? Zumindestens um die Übernachtung musste ich mich nicht sorgen, das war im vorraus schon geregelt. Ich mußte jedoch noch irgend etwas Essen und ca 50€ für den Bus nach El Calafate und zurück bezahlen. Da Issy keine Kreditkarte dabei hatte, weil diese aus ungeklärten Gründen von Vietnam aus überzogen und dann gesperrt wurde haten wir auch keine zweite Karte.
Es gab leider nur eine Möglichkeit. All unser verbleibendes Geld zusammen zu kratzen und nur das nötigste nur kaufen. Issy verzichtete dafür auf alle Souveniers und gab mir seine restlichen Euro und fuhr mit lediglich 20 Euro und dem Geld fürs Taxi in der Tasche nach Hause. Später stellte sich herraus das es auch bei ihm zu wenig war und es weder fürs Taxi noch als Notreserve reichte. Wer konnte auch ahnen, dass die Fluggeselschaft, welche auf dem Hinflug 2 x 23 kg Gepäck erlaubte auf dem Rückflug nur 2 x 15 kg zuläßt. Mit gutem Zureden konnte Issy sowohl den Taxifahrer als auch die Dame am Check-in mit dem wenigen was er hatte abspeisen und kam bis nach Hause.
Egal wie, auch bei mir würde das so knapp werden, dass mir weniger als 100 € zum Essen bleiben würden. Das klingt vielleicht viel in Südamerika, aber leider sind Lebensmittel in El Chalten nicht gerade billig. Selbst 500g Nudeln kosteten 1,5 €. Ist schon komisch, ich hatte mir irgendwie vorgestellt, dass ich spannende Klettererlebnisse haben würde in El Chalten. Nun ist alleine genug Essen zu bekommen spannen. Da ich ja immer versuche positiv zu Denken kann ich es ja so sehen das weningstens der Zustieg in diesem Fall kurz ist.

Sonntag, 18. Januar 2015

Wildes Patagonien


Auf der Fähre

Unsere Biwakhöhle

Unsere unbeschreiblich schöne Umgebung

Aleta de Tiburon (Die Haiflosse)

Klettern am markanten Grat der Aleta de Tiburon

Unsere eigentlichen ziele sehen wir leider erst am letzen Tag bei passendem Wetter

Zwar eiskalt aber endlich schönes Wetter

Am Einstieg





Ich schrecke aus einem unruhigen Schlaf hoch und liege eingepfärcht im Portalege. Um mich herrum brüllt der Wind und wir werden kräftig durchgeschüttelt. Der Sturm tobt unvermittelt weiter und wir bekommen kaum ein Auge zu. Wenig später hebt es uns vollständig aus und Issy starrt mich entsetzt an. Wie war dies möglich? Wie konnte dies geschehen und wie sind wir überhaupt in diese Lage gekommen?

Alles fing ganz harmlos an und vor allem wußten wir noch nicht, dass wer sich auf eine Reise nach Patagonien begibt immer eine Reise ins Unbekannte macht. Nichts läuft wie geplant und mit dem Wetter kann man sowiso nicht rechnen.

Wie alle Kletterer im Park mußten wir uns zunächst die nötigen Unterlagen bei der Parkadministration abholen wodurch ein halber Tag verloren ging. Dann kam das worauf wir uns am weningsten gefreut haben: Der Zustieg. Obwohl jährlich tausende Leute zum Trekken nach Patagonien fahren fanden wir keinerlei gefallen daran und wurden noch dazu ziemlich blöde angeschaut. Es mag wohl daran liegen, dass wir alle Strecken dreimal laufen durften und das wir meist in Begleitung eines riesigen Rucksackes waren. Die Kommentare der anderen Trekker waren zum Teil recht einfallsreich: " Hast du da jemanden im Rucksack der zu faul ist zu laufen?" Seid ihr sicher, das ihr dort mit den riesigen Rucksäcken hochlaufen wollt, das macht niemand mit Rucksack ( Da Sackgasse) Ja die Trekker sind schon ein aufmerksammes Volk, als Issy unseren Weiterweg scoutete meldete sich schon die erste Dame das dies einen negativen Einfluß auf das Paarungsverhalten irgentwelcher Tiere hat. Ja es war witzig aber die Aussicht beim Laufen waren grandios. Zudem haben wir gelernt, dass man sich gerade dann mit dem Zustieg besser beschäftigen sollte, wenn man vermeiden will seinen Rucksack 1h im kreis zu tragen. Da wir es am Abend nicht bis zu unsere Grotte schafften schliefen wir 1,5 h vor unserem Ziel. Da es leider in strömen goss und wir kein Zelt dabei hatten hingen wir kurzerhand das Portaledge mit Rainfly an einen Baum. Leider waren am Morgen durch das Kondeswasser und den Regen alle unsere Sachen nass. Wenn das Wetter jetzt mehrere Tage so bleibt heißt es erst einmal frieren. Ab jetzt ( ab Campo Britanico, was leider nicht mehr als solches existiert) ging es abseits der Hauptwege weiter und das auch nur mit Sondergenehmigung. Einige Flüsse die wir überqueren mußten waren so angeschwollen, dass wir sehr lange nach einer Möglichkeit zum überqueren Ausschau halten mußten. Zum Glück hatte es aufgehört zu Regnen und so erschien uns die Hochebene in welche wir kamen wie ein Paradies. Zarte Bergwiesen garniert mit Boulderblöcken und einem klaren Bach. Auch Tiere konnte mann mit viel Geduld sichten wenn man sich in aller Ruhe hinsetzte. Dazu sollten wir später noch viel zeit finden, aber vorerst waren wir auf der Suche nach einer versteckten Höhle, welche auch schon anderen Expeditionen als Basislager diente. Wir waren schon fast am Ende unseres Lateins, nachdem wir unter jeden größeren Stein geschaut sowie in enge Spalte gekrochen waren als sich unsere Zuflucht in der 2. Etage mehrerer übereinander liegender Blöcke fand. Mir rutschte sogar ein Heureka heraus, weil mehrere Wochen in der Tropfsteinhöhle von Portaledge Schlafen, war eine grausamme Vorstellung. Doch die Höhle war perfekt. Nach dem 2 mal Laufen richteten wir uns erst mal häuslich ein und in der Sonne bekamen wir glücklicherweise alle unsere Sachen trocken. Trotz unserer Blessuren richteten wir uns am nächsten Tag aufs Klettern ein und da man in Patagonien wegen des Abwechslungsreichen Wetters eine 1000m Wand nicht an einem Tag schafft hieß es die 3h Zustieg über endloses Geröll und Schnee wieder nur Schleppen. Wir sind sogar auch eine Länge geklettert, aber Nasser und brüchiger Fells mit nahezu vorsätzlich schlechter Absicherung ließen uns bald die Route abbrechen. So kam Issy zu seinem ersten 10m Sturz in eine Schraube die aus der Wand schaute und wir entschieden uns nach 4 Tagen schleppen, endlich mal für einen Ruhetag im Basislager. Damit die Schlepperei nicht umsonst war verstauten wir das Material unter einem großen Felsblock in der Nähe des Einstieg.
Die 2 Tage im Basislager taten uns beiden gut und die schmerzenden Knie und wunden Füsse regenerierten sich von selber. In den Schönwetterpausen war Zeit die Natur zu beobachten und das grandiose Ambiente zu bewundern. Sogar aus der Höhle schaute man direkt auf dem Central Tower der Tores del Paines. Wenn das kein Luxus ist. Auch Taghell war es in der Grotte, denn der Schnee oder die Wolkendecke reflecktierten ausreichend Licht in die nach unten abfallende Bleibe.
Mit jedem Tag der Ruhe stieg unsere Motivation und so waren wir bald fündig auf der Suche nach einem anderen Ziel. Wir fassten den Cerro Cotta mit der 600m langen Via Italia ins Auge und trotz mäßigem Wetterbericht ging es früh am 4.1 los.
Der Fels war besser als bei der vorhergehenden Route und wir genossen das Klettern. Wir hatten eigentlich nur 200m zu Klettern, aber das Haulen hielt uns ganz schön auf. Als sich dann der Himmel zuzog und es zu schneien anfing kam eins zum Ander. Das angepeilte Band war zum aufhängen des Portalege nur schlecht geeignet, da der einzige Haken nur 30cm über diesem hing. Also mussten wir weiter und ehe Issy die nächste Länge beendet hatte waren gefühlt Stunden vergangen und ich fühlte mich wie ein Schneeman. Eine tolle Stelle für das Portaledge hatten wir nicht, aber eine Felszacke schien zumindenst geeignet. Das Schneetreiben hatte sich inzwischen zu einem Schneesturm ausgewachsen. Ein Portalege aufbauen unter diesen Umständen schien fast unmöglich und noch bevor wir damit begonnen hatten, waren unsere Finger Taub vor Kälte. Die Stangen flatterten im Wind und da alles eine Ewigkeit zu dauern schien war alles klitschnass. Das Rainfly was man sonst wie ein Zelt über das Portalege zieht ließ, wurde vom Wind immer wieder nach oben geblasen und füllte sich wie ein Fallschirm mit Luft. Für diese Last war es nicht ausgelegt und es drohte zu zerreisen. Mit letzter Mühe schafften wir es unser Segel einzuholen bevor es zerriß. Dies wäre das entgültige aus für die Route und wir hätten im Sturm abseilen müssen. Als das Rainfly halbwegs saß waren wir noch lange nicht fertig und es sollte noch über eine Stunde vergehen ehe ich mich zu Issy in die Tropfsteinhöhle gesellen konnte. Selbst ein mit 2 Personen besetztes Portaladge übersteht in einem Sturm keine Stunde, wenn dieses nicht an allen 4 Ecken nach unten festgebunden ist. Der Sturm hebt alles einfach nach oben aus und wenn man mehrfach heruntergekracht ist hat man nur noch Einzelteile. Also band ich die 4 Ecken zuerst an mir fest und kratzte mit dem Klemmkeilentferner Eis und Dreck aus den Querbändern bis ich je 2 Ecken an einem Friend so straff es mit eiskalten Fingern ging nach unten gesichert hatte. Da die Haulbags halbwegs geschützt unter dem Portalege hingen musste ich erst alle notwendigen Sachen zu Issy hereinreichen bevor ich mich dazugesellen konnte.
Da das Aufbauen sehr lange gedauertnhatte war auch im Portalege alles voll Schnee oder nass. Da wir froren fiel das Abendessen recht knapp aus und wir verschwanden schnell in unseren Schlafsäcken. Da die Außenwände Tropfnass waren war Issys Daunenschlafsack schnell ebenfalls nass und wärmte kaum noch. Wir konnten den Schaden mittels Abdecken durch Regenjacken nur begrenzen. Da ich auf Empfehlung eines erfahrenen Patagonisten einen dünnen Kunstfaserschlafsack über meinen Daunenschlafsack zog, blieb ich zumindest warm. Ob warm oder kühl, wir bekamen in dieser Nacht kein Auge zu, denn der Sturm tobte mit unvermittelter Stärke weiter. Mehrfach wurde das Portalege trotz Abspannung ausgehoben und ich füchtete wenn einer der Friends an jeder Seite aus den vereißten Querrissen gerissen wird, dann ist es um unsere kleine Insel in diesem Schneesturm geschehen. Wir lauschten wie gespannt wenn der Wind von Neuem aufheulte und hielten den Atem an wenn das Portalege wie eine Waschmaschiene im Schleudergang durchgerüttelt wurde. Wie man sich sicherlich vorstellen kann war dies eine lange Nacht und unsere Nerven lagen blank. Wie erleichtert waren wir als es draußen wieder hell wurde. Das Kondenswasser war inzwischen zu Eis erstarrt aber ein neuer Tag verhieß neue Hofnung. Der Sturm tobte zwar am nächsten Tag weiter, aber etwas Sonne heizte das Rainfly ausreichend auf, dass wir mit gut Lüften der Herr über die Nässe wurden. Auch erneutes Abspannen nach unten machte uns etwas zuversichtlicher auch die nächste Nacht heil zu überstehen. Was die nächsten zwei Tage folgte war alles andere als schön und der kurze sonnige Abschnitt erschien uns wie der Aufentalt in einem Luxushotel. Der Sturm tobte schlimmer als zuvor und das brüllen des Windes schüchterte uns extrem ein. Es war nicht daran zu denken, das Portalege zu verlassen denn draußen herrschten lebensfeindliche Bedingungen bei denen selbst das Abseilen kein sicheres entkommen bot. Also hieß es aushalten bis sich das Wetter bessert oder zumindest der Wind etwas legt. Doch es war alles andere als eine Idylle unter unserem Rainfly. Wir hatten erneut Probleme mit Kondenswasser nur das es dieses mal gefroren war und der Wind schüttelte die Eiskristalle auf uns herunter und alles war voll Schnee. Wenn du kurz vorm Wegnicken bist, haut dir jemand Schnee ins Gesicht - fetzt. Die Schlafsäcke wurden nässer und nässer und wir wollten uns so wenig wie möglich bewegen um nicht noch nässer zu werden. Nässe in diesem Zustand bedeutet frieren und selbst in unserem hängenden Zelt herschten -2°C. Also blieben wir 2 Tage liegen und machten uns auch keinen warmen Tee. Genausogut hätten wir uns auch den Tee direkt auf die Schlafsäcke kippen können, denn eins war gewiss die Feuchtigkeit der Kondensation würde früher oder später unser aus sein. Issys Daunenschlafsack war bereits so nass, dass er nur noch duch das Auspolstern mit unseren zwei Daunenjacken die Körpertemperatur im Schlafsack halten konnte, denn Daune wärm leider nicht im nassen Zustand. Dieser Zustand zermürbte und war auch nur eine trügerisch Sicherheit, denn das Überzelt blähte sich nur alzu oft sehr bedrohlich. Ein kleiner Riß in dem Material und wir wären dem Sturm schutzlos ausgeliefert. Die letzte Nacht war dann noch einmal eine Steigerung des Ganzen. Was anfangs nur heftige Windböhen waren die uns kräftig durchschüttelten war jetzt ein Dauerzustand von den Böhen ganz zu schweigen. Wir waren uns nun sicher am nächsten Morgen den Rückzug anzutreten wenn das Material noch so lange durchhält. Die Nerven lagen Blank und wir hängten unsere Schuhe und die Regenjacken sicher befestigt in unsere Reichweite. So wäre es uns wenigstens möglich gewesen nach dem kollabieren unserer kleinen Seifenblase nicht barfuß und ungeschützt 4 m unter dem Fixpunkt zu hängen und uns aus den Schlafsäcken zu schälen. Selbstverständlich waren wir an 5 mm Dynemaschlingen festgemacht, aber halt so lang, dass wir im liegen die Schlafsäcke schließen konnten. Mit den Schuhen in Reichweite hatten wir wenigstens eine reele Chance uns die 5 m an den Dynemma Schlingen hochzuziehen um an das andere Material zu kommen. Als das brüllen des Sturmes in der Nacht noch einmal zunahm, setzte ich mir im Schlafsack schon die Stirnlampe und den Helm auf nur um etwas besser dran zu sein auch überlegte ich ob ich schon die Schuhe bereits im Schlafsack anziehe sollte. Da diese aber nass waren verwarf ich die Idee jedoch. Jedenfalls überstanden wir die Nacht und wollten nun nichs wie runter. Wir hatten lange genug überlegt wie wir alles Material und auch alle Seile nach unten bekommen würden und alles lief wie geplant, weil der Wind etwas gedreht hatte. Das Timing hätte perfekter nicht sein können, denn kaum das wir am Wandfuß standen brüllte der Wind seinen Ärger das wir ihm entkommen waren in die Wand hinein. Erst jetzt merkten wir auch das so unpraktisch uns die Stelle für das Portaledge auch erschienen war das sie einen entscheidenten Vorteil hatte: Es lag in einer kleinen Mulde der Wand und bot zumindest ein klein wenig Schutz. Nun waren wir dem Wind voll ausgeliefert und dieser tobte mit Orkanstärke. Wir wurden samt unserer 40 kg Rucksäcke wie Spielzeug einfach auf den Boden und wir konnten nichts dagegen machen. So dauerte der Abstieg über die steilen Schrofen und die unwegsammen Geröllfelder 6h statt 3h. Es war der reinste Spießrutenlauf und irgendwann waren wir so erschöpft, das wir nur noch stumpf vor uns hinliefen. Wir hatten einen Zustand erreicht in dem alles automatisch zu unserem Ausgangspunkt zurücklief. Bis hierhin hatten wir verzweifelt versucht gegen den Wind anzukämpfen ja sogar ihm unseren Frust entgegengeschriehen. Doch der Sturm zeigte uns jedes mal wer den längeren Atem hat. Wenn wir wieder einmal vom Sturm niedergestreckt am Boden lagen kämpften wir nicht mehr dagegen an um aufzustehen, sondern warteten, bis dieser kurz nachließ um uns wieder aufzurappeln und uns weiterzuschleppen. Ich brauche ja nicht beschreiben wie sehr wir uns freuten in unserer Grotte die Säcke abzuwerfen und ein paar trockene Sachen anzuziehen. Was für ein schönes Gefühl nach 4 Tagen wieder hier an unserem Ausgangspunkt zu sein.
Wir waren zwar geschlagen aber irgendwie zufrieden hier in Sicherheit zu sein. Das es in jedem Fall die richtige Entscheidung war zeigte sich in der folgenden Woche. Der Sturm tobte unvermindert weiter und nahm sogar noch an Stärke zu. Als dann in einer Nacht ca. 50 cm Neuschnee dazu kamen hatten wir einige Mühe selbst die geschützte Grotte gegen den hereinbrechenden Winter zu verteidigen. Zum Glück lagen wir im hintersten Teil der Höhle, denn nach 3 Nächten war der vordere Teil trotz Rainfly und Rucksäcke die den Eingang versperrten zugeschneit. Wir verließen die Schlafsäcke nur noch wenn es gar nicht anders ging und warteten auf besseres Wetter. So verronn unsere wertvolle Zeit, ohne das überhaupt an Klettern zu denken war aber unsere Stimmung blieb unverändert gut.

Es ist egal wie man sein Zeit verbringt, solange man die richtigen Leute an seiner Seite hat.

Als der Wetterbericht Besserung versprach war es leider zu spät für unsere großen Wände. Wir hatten noch maximal 2 Tage und das nur dann, wenn wir in nächtlichen Gewaltmärschen das Material zurück zur Fähre schleppten. Wir hatten uns bereits damit abgefunden und sahen es eher positiv , dann haben wir wenigstens auf dem Rückweg schönes Wetter. Wer läuft schon gerne im Regen. Ich war schon sehr über mich erstaunt, dass ich diese Umstände so gelassen hinnahm, denn 3 Klettertage in der ganzen Zeit sind wahrlich nicht viel. In vorangegangenen Urlauben hat man in 3 Wochen bereits mehrere tausend Klettermeter zurückgelegt. Nicht so in Patagonien aber dafür war viel Zeit zum Nachdenken und auch die anderen Strapazen gingen nicht spurlos an einem vorüber. Der letzte Tag vor dem Abmarsch hat uns zwar noch eine kleine Route am "Aleta de la Tiburon" beschert.
Nun hat die Schlepperei ein Ende. Wir stehen wieder an der Fähre wo unser Weg began und haben keine unsere Routen geklettert.

War nun alles umsonst und sinnlos?
Ganz im Gegenteil, denn Persönlichkeit zeigt sich besonders beim Umgang mit Niederlagen. Somit waren die vielen Eindrücke und Erlebnisse auf unserem Weg wieder ein Stück auf dem Weg zu uns selbst.

Zudem weiß man erst wieder zu schätzen wie bequem es zu Hause ist, wenn man dem Komfort eine Weile entsagt hat.


Wir hatten zwar nicht unsere Route beendet doch waren um einige Erfahrungen reicher. Dies reichte aus, um mit dem Wenigen was wir bereits vorher hatten noch zufriedener zu sein.


Da manche Leute meinen ich schreibe zu viel hier eine kurze Zusammenfassung:
- 3 Tage Klettern
- 10 Tage Schneesturm
- 8 Tage Rucksack schleppen
- Rest an und Abreise

P.S. Die Reihenfolge ist rein zufällig und sagt nicht zur Beliebtheit der Tätigkeit aus.
So toll ist Rucksacktragen


Nass, schlecht gesichert und schwer was will man mehr?


Blick bei der Fahrt mit der Fähre

Guanako


Der Mondaufgang aus unserer