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Freitag, 4. Mai 2018

Delicatessen im Schatten ( Klettern in Korsika)


Roby kam per Fähre und ich per Lüft nach Korsika.

Nachdem ich Monatelang nur Bouldern war und wir eine tolle Zeit in Bleau hatten war entlich mal wieder Zeit die größeren Wände in Angriff zu nehmen. Das der Anfang hart wird war klar aber musste es so hart sein? Dieses mal war ich mit Roby Rudolf aus der Schweiz unterwegs. Den ersten Tag sollte es ohne Einkletter gleich richtig losgehen.

Das Ziel unseres Besuches die Delicatessen oben rechts die kleine schattige Wand an der Punta U Corbu.

Mit der nötigen Geduld und Ausdauer kann die Natur selbst Felsen spalten.

Roby im Zustieg zu den Delicatessen.

Delicatessen (1, Tag = 1. Teil)
Beim ersten Tageslicht ging es hoch zur Punta U Corbu. Noch bevor man die Sonne sah, spürte man die Hitze des Tages. Durch Unterholz und Dornen kämpfte wir uns hoch zum Einstieg der Delicatessen. Es gibt bekannte Kletterer die für diesen Zustieg beim ersten mal 4 h statt 1,5 h benötigt haben aber bei uns blieb alles im Rahmen.

Ab da gingen die Probleme langsam los. Der 5. Haken fehlte, aber da ich immer eine Bohrhakenlasche und eine Mutter dabei habe war dies ein kleines Problem. Ab da ging es eine abgefahrene seichte Rinne hoch die kniffelig war und die ebenso gut an der Taipan Wall in Australien sein könnte. Leider steckte auch der 9.BH alles andere als dort wo man entlangklettert. Am 10. Haken war es mir viel zu warm in den Kletterschuhen. Ich hatte aber alle Züge bisher gebracht. Ich war der Meinung das es nach dem No-Hand-Rest deutlich leichter wird und die Platte schon irgendwie geht, doch ich sollte mich täuschen. Roby kam den unteren bereits ausgeboulderten Teil sehr flott hoch und fand noch eine Verbesserung in der genialen Rinne. Auf der Platte die nur 4 Haken lang war dauert es jedoch ewig bis zum ersten Stand. Roby hatte trotz der Hitze sehr enge schuhe an und musste sich an 2 Stellen sehr lang machen. Da er 10 cm größer war und meine Füße bereits um 11 Uhr höllisch schmerzten ließ ich diese weg. Am Begin der 2. Länge war noch mal so ein Zug. Das gemeinste war allerdings der Rausschmeißer an Auflegern kurz vor dem 2. Stand. In der 3. Länge merkte ich das meine Kraft vollkommen am Ende war und ich hatte arge Probleme die Einzelzüge zwischen den Haken zu Klettern ohne permanent runterzufallen.
Der 3. Stand der Delicatessen ist echt bequem.

Diese Formation haben wir Angelhaken getauft. Wenn man zu loker sichert fällt man aus der Crux der 4. Länge genau dirt drauf.

Ordnung am Stand ist wichtig.

Die letze schwere Länge war wieder eine Platte wo es nur eine 2-3 m schwere Stelle gab die zu Lösen Roby mehr als eine Stunde benötigte. Die Lösung war so gut, das ich mir diese Länge ausnahmsweise mal vorstellen konnte. Mittlerweile war die Sonne seit mehreren Stunden aus der Wand und in Bälde würde es nun dunkel werden.
Ich hoffte noch für die 3 Stellen die ich nicht Klettern konnte eine Lösung zu finden aber ich fand keine. Geschlagen, vollkommen erschöpft und mit durchgekletterten Fingern ware wir um 22:00 Uhr zurück am Auto.

3 Tage hatten wir für die Route eingeplant, also haben wir einen Teil des Materials oben gelassen. Doch nach einem Klettertag einen Ruhetag machen egal wie geschafft wir waren war keine Option. In den Kletterführern die wir von Korsika hatten gab es 10 Mehrseilängenrouten wo der 8te Franzosengrad vermutet oder gefordert war. Wir wollten so viele wie möglich davon probieren.

Conteforts de la Punta di a Muvra/ Petit Plongeoir/ Fitzcaraldo 250m 7a+
Am 2. Tag ging es zu den Felsen unterhalb der Punta U Muvra wo es laut Führer ein gigantisches 50 Grad überhängendes Rißdach in der 5. Länge gab welches eventuell für 8a frei zu Klettern wäre. Dieses war unser Ziel doch der feuchte und schmutzige Zustieg war alles andere als ein Genuss. Das Dach jedoch war beeindruckend. Die erste Hälfte ging ganz gut und wäre etwa 7c doch dann wurde der Riß breit und man konnte nur mittels windiger Knieklemmer 2 m überbrücken bis es wieder besser wurde. Entweder man ist richtig gut in dieser Breite oder es ist schwerer als 8a. Das wird bestimmt der schwerste Riß auf Korsika. Für eventuelle Aspiranten ist ein Kneepad empfehlenswert und die Füße gehen an der Crux leider nicht über den Kopf zu klemmen.
Damit der Tag nicht ganz umsonst war kletterten wir noch Fitzcaraldo welches stellenweise mutig und oben sehr ausgesetzt war.

Das Dach von Petit Plongevoir wird bestimmt der schwerste Riß auf Korsika. 45 Grad steil und sehr anstrengend.

Beim Blick auf den Wetterberich wurde uns kühleres Wetter in 3 Tagen versprochen. Deshalb setzten wir zur anderen Seite der Insel in die Region Portu um. Hier gab es 3 der 10 französischen 8er Routen.

Signore Occidentale, "Tangue au coeur de rêves" 8a?, 450 m 19 Sl
Blick von Portu zu den 3 Signores. Der rechte ist der Signore Occidentale unser Ziel.

Nach dem ausgibigen durchblättern des Führers wurden wir fündig. Die beiden wichtigsten Suchkriterien waren Schattig, schwer und schön.
Es stimmt jedoch nicht alles was im Führer steht.
Was man jedoch nicht abstreiten kann ist das der Gipfel ein beeindruckender Felsturm ist. Das rechtfertigt die 2h Zustieg und die 3h Abstieg schon erst einmal. Es wurde auch gesagt, dass die Haken etwas ävom Seewasser angegriffen sind, aber das diese in einigen Jahren ein ernste Sicherheitsrisiko sein werden hätten wir nicht gedacht. Das die ersten Längen etwas bewachsen sind wurde erwähnt aber das dies nach 19 Längen immer noch der Fall sein wird war uns unklar. Wir wollen uns jedoch nicht beklagen 2 oder 3 schöne Längen waren auch dabei. Zum Glück war die Crux eine davon.
Das Meer hat den Haken stark zugesetzt zudem wurden auch viele 8 mm Haken verwendet. 

Abgefahrene Strukturen in der Länge vor der Crux.

Das Ende der Crux. Mit 8a hat das unserer Meinung nach nichts zu tun aber abgefahrene Strukturen sind es schon.

Wir hätten für diese tolle Rinne maximal 7c vorgeschlagen aber die letzte 7b Länge an einer Rißspur fühlte sich im onsight etwas schwerer an. Wir konnten alles Durchsteigen ware am Abend jedoch sehr schmutzig und von der Sonne gequält die bereits um 14:30 Uhr in die Wand kam.
Blick vom Gipfel zu Meer.

I Cascioni, "Le non-sens et la joie" 7c+
Nur 10 km vom Touristenmekka Portu entfernt waren wir unter der Woche ganz alleine. Der Zustieg war kürzer als am Vortag und die Wand war Atemberaubend schön und steil. Viele Strukturen dieser Wand erinnerte mich an Mt Arapiles mit seinen runden Strukturen und den zugekniffenen Rissen. Nur das hier durch die großen Kristalle die Reibung auf den Griffen besser war. Auch hier war die erste Länge etwas bewachsen und bröselig aber dann war es genial. Wenige Borhaken, weite Abstände und immer mal wieder ein Friend. Durch die Steilheit war auch das Fluggelände perfekt. Das Dach was die Crux sein sollte war gar nicht so schwer wir fanden die beiden Längen danach anspruchsvoller. Die Routenfindung war nicht ganz ohne und die Griffe in einer Wand voller Aufleger zu Finden war echt schwer. Weniger hilfreich war da die Sonne die leider bereits 12:00 Uhr in die Wand kam und sich in der Oberfläche spiegelte. Das die Hitze auch nicht hilfreich war brauche ich wohl nicht zu betonen. Wir machten beim Ausbouldern beide einige Flugmeter in Friend und hatten viel Freude dran. Eigentlich falle ich nicht gerne in Friends, aber wenn man viel Luft untern Hintern hat und alles gleich aussieht kommt auch das mal vor. Da es uns zu warm wurde und Robys Arme so dick waren das er sie nicht mehr anheben konnte kletterten wir den Ausstieg von "Entre mon Coeur" nicht mehr mit.
Wenn jemand nur ein Gebiet auf Korsika besuche kann und athletische Kletterei zum Selbstabsichern mag, dann ist I Cascioni das Gebiet was ich empfehlen würde.
Roby in "Le non-sens.. in der Stelle nach dem Dach. Nicht schwer aber luftig und ausgesetzt.

I Cascioni eine der tollsten Wände in Korsika.

Punta U Corbu, Delicatessen 8b, 180 m (2 Tag = 2. Teil)
Meine Motivation für die Delicatessen hielt sich in Grenzen aber wir waren jetzt etwas eingeklettert und Roby brannte förmlich für die Route. Ich wollte ihn so gut es ging unterstützen auch wenn ich nicht wusste ob die 3 Einzelstellen heute gehen würden. Da Roby die besten Aussichten auf den Durchstieg hatte, fing er an und stieg um 7:30 Uhr noch einmal ein um die Züge durchzubouldern. Da die Abschlußplatte der ersten Länge sehr agressiv für die Haut auf den Fingern war tapte er vorbeugend damit die Züge zum einschleifen mehrfach geklettert werden konnten. Als ich an der Reihe war war es bereits wärmer aber ich hatte keine großen Erwartungen an den Tag. Das einzige was sicher sein würde, dass mir die Füße wegen der engen Kletterschuhe am Abend schmerzen würden. Ich ließ unten die Züge großzügig aus um schnell auf die Platte nach dem bequemen No-Hand-Rest zu kommen und war erstaunt als diese Stelle sich intuitiv mit einem Heelhock an der linken Hand lösen lies. Die war nun kein Problem mehr. Mehr Schwierigkeiten bereitete mir der Spreizschritt nach rechts. Ich kam zwar in die Spreizposition zwischen den zwei guten Tritten kam aber wegen der winzigen Tritte nicht mehr aus dieser raus. Um besser probieren zu können tapte auch ich mir einige Finger denn die Griffe waren sehr scharf und winzig. Ich musste auf zwei sehr kleinen Tritte mit fast nichts überkreuz treten um in eine Position zu gelangen die den Spreizschritt etwas verkürzt. Endlich hatte ich Glück und die Füße rutschten nicht ab. Nach mehrmaligem Probieren blieben die Füße zumindes gelegentlich stehen. Ich könnte zwar die Wahrscheinlichkeit etwas erhöhen indem ich die Kletterschuhe ganz eng schnürte aber das wäre bei den flachen Reibungstritten vorher eher schlecht. Jedenfalls war es nun soweit, dass auch ich RP- Versuche machen konnte.
Das Juwel von Korsika. Rechter Teil der Punta u Corbu wo die Delicatessen durchklettern.


Bis 13:30 Uhr mussten wir warten, bis die Wand im Schatten lag. Roby kam in seinem 3. Versuch bis zum Ende des Quergangs kurz vor dem no-Hand-Rest. Das war echt knapp und ich fieberte voll mit. Mein 3. Versuch endete am Ende der Rinne weil ich einen Fehler machte und auch vorher schlecht geklettert bin. Ich schaute mir die Züge nochmals an und Roby war wieder an der Reihe. Alles lief wie am Schnürchen: Rinne, Quergang und zum Ruhepunkt. Auf der Platte konnte ich Robby nicht mehr sehen und hielt fast den Atem an. Er kletterte immer weiter am Spreizschritt vorbei was auch für ihn die letzte Crux war. Als dann der Jubelschrei vom Stand kam hatte er es geschafft und war glücklich. Er kam runter und ich war an der Reihe. Ich entschied mich die Schuhe etwas fester zu Schnüren damit ich besser auf den kleinen Leisten stehe, hatte aber Angst das die Füße oben bereits taub sein würden.
Auch mein 4. Versuch lief wie am Schnürchen und ich stieg durch: Rinne, Quergang, no-Hand-Rest. Nun war das Problem, dass meine Füße von den engen Schuhen taub waren. Da man im Ruhepunkt in eine Rinne gelehnt war öffnete ich die Schnürsenkel der Schuhe. Nach einigen Minuten fühlte es sich besser an und ich schnürte die Schuhe erneut fest. Die Stelle mit dem Heelhock ging spielend und beim Spreizschritt zögerte ich nur einmal kurz. Dann belastete ich den kleinen Tritt mit einem Mal und tat so als ob dieser groß ist. Das ganze Unterfangen glückte und ich kam zum Stand. In etwa 3 Stunden würde es dunkel werden und wir hatten noch 4 Längen (7c+, 7c, 8a, 6c) vor uns, die wir nur einmal durchgebouldert hatten. Wir wollten es versuchen und der auffrischende Wind beflügelte uns.
Als wir auf Schatten warteten kam schon der nächste Aspirant für die Route der sogar ohne Seil Durchstieg. Wir nanten ihn Alex.

Warten im Schatten am Einstieg auf Schatten in der Wand.
Die geniale Rinne der Cruxlänge im Durchstieg. Da denkt man wirklich man wäre wieder an der Taipan Wall in Australien

Die Rinne in der 1. Länge beim Ausbouldern in der Sonne.

Ich hängte die Exen und das Materialseil die
nächste Länge hoch und schafte dank der guten Bedingungen und der engen Schuhe auch die letzte noch offene Einzelstelle. Roby stieg gleich durch und bei mir klappte es im Nachstieg. Weil ich mich so sehr beeilte bekam ich sogar dicke Arme. Ich ging gleich weiter die 7c hoch und stieg durch. Als Roby bei mir ankam war der Wind bereits zu einem richtigen Sturm angeschwollen. Wenn einen die Böen nicht aus der Wand schüttelten war der Grip echt perfekt. Roby hängte Expressen und Materialseil hoch und ich stieg gleich durch. Das Zickzack am ende der Länge war so schlimm, das man den letzten Haken links drüben besser nicht einhängt oder später wieder aushängt. Auch Roby gelang jetzt im Nachstieg der Boulder. Nach der letzten ganz und gar nicht trivialen 6c standen wir glücklich oben. Normalerweise sind 180 m schnell abgeseilt, aber bei dem Sturm hingen die Seile überall nur nicht unter uns. Dadurch dauerte das Ganze 1,5 h und wir waren glücklich und geschafft um 22:30 Uhr am Auto.
Ein kurzes Wort am Ende: Ohne Frage eine der besten Routen hier. Auch wenn wir uns wegen der Sonne und dem schlechten Bedingungen etwas angestellt haben ist bei dieser Route nichts was den Grad 8b+ rechtfertigen würde. Selbst 8b ist schon sehr hochgelobt aber wir sind ja auch nur 2 "Hobbyalpinisten" und keine Profikletterer, die wissen es ja besser.

Punta a Muvra, "Tafunata Galattica" 7b+, 190 m
Obwohl wir nur wenig geschlafen hatten klingelte noch im dunklen der Wecker. Wir wollten keinen Klettertag verschwenden und wie das Wetter aussah würde es danach eh regnen. Also versuchten wir früh die A0-Stellen von RoMa und scheiterten dort. Dann stiegen wir noch Tafunata Galattica ein. Beides waren nach Führer Route die Frei im 8ten Franzosengrad anzusiedeln. Doch auch bei der letzten Route war die angebliche 8a Länge nie geklettert worden. Sobald man versuchte sich auf die kleinen Tritte zu stellen brachen diese ab. Zum Glück gab es eine Umgehungsvariante dieser Stelle. Alles in allem sehr krümeliger Fels und lediglich die erste und letzte Länge (Der Umgehungsvariante) sind lohnend.
Roby in Tafunata mit " Dos de Elefant" im Hintergrund

Hübsche Strukturen....

...aber ein Sinnloser Hängestand 2 m neben diesem tollen Sitzplatz.

Da wir ja alle Zeit der Welt hatten konnten wir uns das Trauerspiel bzw. das Anstellen von 10 Leuten im "Dos de Elefant" anschauen.

Das Wetter wurde leider so schlecht das wir die Insel vorzeitig Richtung Heimat verlassen mussten. Dennoch war die Statistik nicht schlecht: Von den 10 französischen 8er konnten wir 6 probieren und 4 Klettern ehe das Wetter schlecht wurde.
Nach 6 Tagen Hitze kam das Mittelmeertief und machte unserem Schaffen ein Ende.

Noch eine Bemerkung am Ende: Das Klettern in Korsika ist zwar schön aber die Zustiege sind nie kurz weshalb ich auf jeden Fall das mitführen einer Stirnlampe empfehle. Bei unseren 6 Klettertage hatten wir ohne Abseilen über 17 h zu Fuß laufend zurückgelegt.
Wer nach Korsika fährt sollte gut zu Fuß sein den die Zustiege sind lang und voller Dornen. Wer eine kleine Gartenschere dabei hat ist gut beraten.